Michael Krickl war ein fast verschollener
Schriftsteller aus dem Weinviertel. Zwischen 1910 und 1945
veröffentlichte er Geschichten verschiedener Gattungen in den damaligen
Wochenzeitungen "Mistelbacher Bote" und "Grenzbote"
(Bruck / Leitha). Mit diesem Band 2 liegt nun ein weiterer Teil seiner
Geschichten gesammelt vor.
Inhalt:
Biografie des Dichters
Geschichten aus dem Weinviertel mit zahlreichen SW-Bildern
27 Biographische Geschichten
4 Geschichten aus dem sozialen Umfeld
14 Dorfgeschichten Weinviertel
4 Landschaftsschilderungen Weinviertel
Erläuterungen zu Mundartausdrücken, Personen und Orten
Quellen- und Literaturverzeichnis
Leseprobe
In der Geschichte " 's
Kellergehn" erzählt und erläutert Michael Krickl den alten Brauch
der Weinbauern.
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"Kellerzega" |
Nun geht er von Faß zu Faß,
schaut, ob alles in Ordnung ist, ob nicht eine "Daufl"
schweißt, ein Zapfen rinnt, lehnt an eines der Fässer die Leiter,
lockert den Spund und hebt eine "Röhre" voll heraus - füllt
ein, zwei Gläser, legt den Heber auf das nächste Faß und setzt sich
an den Tisch wie zum Gebet.
In den Gläsern sprüht noch der Wien, daß feiner Tau die
Hand benetzt, die darüberfährt.
Der Bauer nippt einmal, zweimal, läßt den Schluck über
die Zunge und Gaumen fließen, behält ihn eine Zeitlang hinter den
Zähnen und drückt ihn dann hinunter. Dabei sind die Augen wie in
Andacht nach innen gerichtet. Er kennt seine Weine, aber er läßt sich
die Freude des Kostens und Gustierens keinen Tag entgehen. Nach diesem
geweihten Tun setzt er sich an das Tischlein, nimmt sein Taschenmesser
aus dem Hosensack, zieht es durch die Schürze und Hand und schneidet
mit Bedacht und Sorgfalt die Leberwurst in gleichgroße Scheibchen und
das Brot in mundgerechte Stücke.
Und nun beginnt das Genießen, das mit Zunge und Gaumen
alles auskostet, was in der gewürzten Wurst, in dem duftenden Brote und
dem prickelnden Weine an Köstlichem und Herrlichem enthalten ist.
Nichts stört das Tun, das ganz dem Ich geweiht ist. Erst wenn das
letzte Scheibchen Wurst, das letzte Krümchen Brot verzehrt ist und nur
mehr der goldgelbe Riesler vor ihm perlt, dann gibt er seinen Gedanken
"Audienz", dann überdenkt er Haus und Hof, Stall und Vieh und
Gesinde, macht Pläne und trifft "Angstalt" für Frühjahr und
Sommer. Oh, es ist etwas dran an der Rede, die der Bauer Simon
Töglhofer immer seinem Weibe gibt, wenn sie ihn fragt, was er denn so
lange im Keller immer mache. "Weib!" sagt er, "da kann
ich meinen Gedanken 'Audienz' geben und hab Ruhe und Frieden und kann
alles überdenken und mir zurechtlegen, was ich in der Wirtschaft
beginnen will."
(... weiter im Buch auf Seite 238 ...)
Erschienen in: Grenzbote Nr 8 / 1941
Copyright © 2012 Irene und Detlev Gamon. Alle Rechte vorbehalten.
Der Autor Michael KRICKL
Geschichten aus
dem Weinviertel: Band 1
Geschichten
aus Bruck an der Leitha, Burgenland und dem Weinviertel: Band 3
Auf dem Buschberg (Neudruck)
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